28.01.2020

Costa Rica mit dem Fahrrad

Eine Radreise durch den Dschungel und an die Traumstrände von Mittelamerikas Vorzeigeland

Es gibt Flecken auf der Erde, die ich schon immer mal sehen wollte. Costa Rica gehört dazu – und diesen Sommer sollte es dann soweit sein. Mein Freund und Reisepartner Stefan war sofort Feuer und Flamme von der Idee, das tropische Land in Mittelamerika mit dem Rad zu bereisen. Flug gebucht – Räder verpackt –  rein in den Flieger und ab ging´s im August 2019 nach Costa Rica.

Wir landen nach einem elend langen Flug mittags in der Hauptstadt des mittelamerikanischen Landes, San José. Es ist so heiß und noch dazu schwül hier, dass wir schon ein paar Minuten nach Verlassen des klimatisierten Flughafengebäudes selbst vom Nichtstun schweißnass  sind. Bis vor kurzem hat es noch wie aus Kübeln gegossen, die Straßen dampfen. Zwei Wochen in diesem tropischen Paradies liegen vor uns, wir wollen den bergigen und regenbewaldeten Nordwesten des Landes mit den Fahrrädern erkunden.

„Pura vida“

„Pura Vida!“(Genießt das Leben!) ruft uns der Taxifahrer zu, der uns durch das Straßenwirrwar der Hauptstadt zu unserer ersten Unterkunft bringt. Er strahlt mit seinem entspannten Grinsen das lockere Lebensgefühl der Costa Ricaner aus, die 2018 als das glücklichste Volk der Welt galten.

Diese Zufriedenheit kommt nicht von ungefähr: Costa Rica unterhält keine eigene Armee, die Steuergelder werden stattdessen in die Bildung gesteckt. Große Teile des Landes stehen unter Naturschutz, der Regenwald kann sich ausbreiten - statt abgeholzt zu werden, so wie in vielen anderen Ländern Süd- und Mittelamerikas.

Reis und gebackene Bananen zum Frühstück

Am nächsten Morgen kann ich mich kaum dazu motivieren, überhaupt auf mein Crossrad aufzusteigen. Dabei haben wir ein traumhaftes, landestypisches Frühstück intus: Gebackene Banane, den schwarzen Reis „gallo pinto“ und dazu Spiegeleier – eine perfekte Basis für einen langen Tag im Sattel! 1600 Höhenmeter am Stück liegen in diesem Glutofen vor uns, wir wollen auf den Vulkan Poás hinauf. Auf der Landkarte nur ein Katzensprung, in der Realität anstrengend wie eine Etappe der Tour de France. Wir schinden uns im Schneckentempo bergauf, der Nebel wird immer dichter, über 2000 Meter Meereshöhe sind es maximal noch 50 Meter Sicht. Die Luftfeuchtigkeit muss hier 100 Prozent betragen!

Costa Rica  ist voll von Vulkanen, die meisten von ihnen liegen in Naturschutzgebieten. Das Land legt sehr viel Wert auf den Naturschutz und setzt das in der Praxis auch um: Die Besucherzahlen sind streng limitiert, und das bekommen wir auf 2500 Meter Höhe am Eingang zum Poás-Vulkankrater zu spüren: Zwei Parkranger geben uns höflich aber bestimmt zu verstehen, dass das Besucherkontingent heute bereits ausgeschöpft ist. Tja – nix Vulkankrater, uns bleibt nur die endlose Abfahrt zurück, ohne diese Naturschönheit gesehen zu haben.

Tägliche Regengüsse

Wir steuern den nächsten Vulkan an: den Arenal, Costa Ricas bekanntesten Feuerberg. Die Straßenverhältnisse sind spitze, glatte Teerdecken überall, wir kommen flott voran mit den Crossrädern.  Nicht so optimal ist der tägliche tropische Regenguss – mit einem Regen hierzulande nicht zu vergleichen. Sturzbachartig ergießt sich der Himmel über uns, verwandelt die Straßen in Bäche und zwingt immer wieder zur Pause. Doch nach kurzer Zeit ist der Spuk meist vorbei und die Fahrt durch den immergrünen, üppigen Dschungel geht weiter. Unglaublich, durch welche Geräuschkulisse man da fährt – mit dem Rad ist man mittendrin statt nur dabei. Immer wieder stoppen wir, weil ein exotisches Tier zu hören oder zu sehen ist… das Leben gedeiht hier in diesem tropischen Paradies im Überfluss.

 

Je näher wir in Richtung Arenal kommen, desto touristischer wird es: Hotels, Restaurants, Souvenirshops… das volle Touri-Programm. Kein Wunder, das Arenalgebiet ist landschaftlich einmalig und vor allem bei kanadischen und amerikanischen Urlaubern beliebt. Wir rechnen mit unserer zweiten Enttäuschung – laut Reiseführer ist der Arenal fast nie zu sehen, weil er sich in dichten Nebel hüllt. Doch diesmal haben wir mehr Glück als am Poás: In voller Pracht bei strahlendem Sonnenschein liegt der kegelförmige Bilderbuchberg direkt vor uns. Ein Besteigen ist nicht gestattet, die Natur soll sich hier ungestört entfalten können. So bleibt uns der Blick aus respektvoller Ferne auf den König von Costa Ricas Vulkanen.

  

Dschungel pur am Arenalsee

Um den gleichnamigen See schlängelt sich eine schmale Gravelroad, die Radlerherzen höher schlagen lässt: rechts das Seeufer, links der dichte Dschungel – Costa Rica at its best. Ängstlich schielen wir, vor allem an den Flussmündungen, auf die angekündigten Krokodile. Zum Glück sehen wir kein einziges während der ganzen Reise. Dafür eine Affenherde, die direkt vor uns die Straße quert. Kolibris, die in den buntesten Farben durch die Luft schwirren. Tukane, die sich mit ihrem metallischen Kreischen in den Bäumen ankündigen. Rote Ameisen, die überall auf ihren Straßen hin- und herlaufen.

Wir lassen den Arenalsee hinter uns und machen Rast in der „German Bakery“, wo es von Krapfen über Bratwürste mit Kraut alles gibt, wofür wir Deutsche im fernen Ausland bekannt sind. Die Straße schlängelt sich auf eine Hochebene hinauf, auf der unzählige Windräder stehen. Hier weht ganzjährig eine steife Brise – um die umweltfreundliche Energiegewinnung brauchen sich die Costa Ricaner keine Sorgen machen.

Mörderischer Verkehr auf dem Panamerican Highway

Die Brise weht uns an den Pazifik – der aber noch ein gutes Stück entfernt ist. 60 Kilometer der Strecke fahren auf dem Panamerican Highway, der wichtigsten Nord-Süd-Route von Alaska nach Feuerland. Es ist heiß ohne Ende und der Verkehr ist mörderisch. Vor allem die Megatrucks, die man aus amerikanischen Filmen kennt, bremsen für nichts und niemanden. Wir passen höllisch auf, um auf dem äußersten rechten Straßenrand zu bleiben. Zum Glück gibt’s eine Menge Bars entlang des Highways, die wir liebend gern ansteuern, um uns mit einem kühlen Drink zu erfrischen. Überhaupt sind allein die mit frischen Früchten gemischten Cocktails die Reise nach Costa Rica wert. Ich bin fast süchtig geworden nach den Kokosnuss-Cocktails…

 

 

Große Hitze am Pazifik

In Puntarenas am Meer erreicht die Hitze ihren Höhepunkt. Wir können kaum schnaufen und kommen die letzten Kilometer nur noch im Schneckentempo voran. Das klimatisierte Zimmer ist das Highlight des Tages. Erst abends gehen wir bei erträglichen Temperaturen wieder raus ans Meer… ein Südseetraum hier. Ich fische Kokosnüsse aus dem Wasser, schleudere sie auf die Felsen und esse das schneeweiße Fruchtfleisch... genial!

 

 

So langsam geht’s zurück in Richtung San José, unseren Ausgangs- und auch Endpunkt der Reise. Gefühlt geht’s von der Küste aus nur bergauf, und das eine ganze Tagesetappe lang. Es gießt aus Kübeln – zum Glück ist der Regen warm und eine angenehme Abkühlung. Der Verkehr ist in den Bergen deutlich ruhiger als unten an der Küste. Wir genießen nochmal die volle Dosis Regenwald und nähern uns der Hauptstadt. In San José pulsiert das Leben, „pura vida“, das lässige Lebensmotto der Costa Ricaner, ist hier an jedem Straßeneck zu spüren. Der Straßenverkehr ist für Großstadtverhältnisse angenehm gesittet, und auf uns Radler wird viel Rücksicht genommen. Kein Wunder – Costa Rica ist ein Radsportland: gerade an Wochenende kommen einem ganze Pulks von trainierten Rennradlern entgegen.

Mit einem weinenden Auge steigen wir in den Flieger zurück nach München. Der Zwischenstopp in Mexiko City lässt uns diese Millionenmetropole noch kurz erleben. In einem Backpacker Hostel verbringen wir die Nacht und fliegen dann am nächsten Tag zurück nach Good Old Germany.

Jürgen Langhans  (Link zur Vorstellung)