27.07.2020

Everesting 2020 „10k Roam“ - Heiko Röhrig stellt sich den 10.000 Höhenmetern

2018 absolvierte Heiko Röhrig – inspiriert von einem kurzen Presseartikel von Jens Voigt – sein erstes Everesting. Er ging das Vorhaben nach eigenen Angaben „relativ naiv“ an, bewältigte aber auf Anhieb 332 Kilometer mit 9817 Höhenmetern in 67 Turns. Erst nach seiner Aufnahme in die Everesting Hall of Fame sah er, dass es noch eine erweiterte Challenge gegeben hätte, bei der es um 10.000 Höhenmeter ging und die er „um eine lächerliche weitere Auffahrt verpasst hatte“. Das schrie natürlich nach Wiederholung, die nun im Jahr 2020 anstand. Dieses Mal fand Heiko vorab sogar eine weitere Zusatz-Challenge mit dem Namen „10k Roam“: 1000 Höhenmeter bei 450 Kilometern Distanz. Die wollte er gleich mit abhaken.

„Für den 10k Roam suchte ich mir einen entsprechend flacheren, längeren Anstieg heraus. Schön im Wald gelegen, für KFZ (eigentlich) gesperrt, mit 3,7 km Aufstieg, also 7,4 km je Turn. 175 Höhenmeter laut dem Strava-Segment, das ich extra dafür angelegt hatte. Das bedeutete rechnerisch 51 Mal für den Everest, 58 Mal für 10.000 Höhenmeter, 61 Mal für den 10k Roam.

Da ich sicher gehen wollte, am Ende nicht in die Dunkelheit zu geraten, fuhr ich um 23 Uhr zu Hause mit dem Auto los und startete um Mitternacht. Jeder, der mal ein Everesting gemacht hat, weiß, dass man nicht nur die Durchschnittsgeschwindigkeit bergauf, sondern auch die bergab im Auge behalten muss, wenn man in vertretbarer Zeit fertig werden will. Man glaubt gar nicht wie dunkel es ohne Mond nachts im Wald bei 50-60 km/h bergab sein kann. Bei den 24h-Rennen hat man nachts immer noch andere Teilnehmer und kann sich an deren Beleuchtung orientieren. Trotz doppelter Beleuchtung an Lenker und Helm hätte mein Versuch nach 2 ½ Stunden fast ein jähes Ende gefunden, als ein Reh mitten auf der Straße stehend in meinem Lichtkegel auftauchte, das aber durch meinen lauten Aufschrei erschrak und glücklicherweise die richtige Fluchtrichtung wählte. Danach war ich hellwach und die Zeit bis zum ersten Tageslicht verging wie im Flug. Von den 24h-Rennen kennt man das sensationelle Gefühl, wenn die Nacht überstanden ist und der Tag langsam beginnt, das war auch hier der Fall. Als ich die Beleuchtung demontierte, war ich mir sicher, dass die Mission auf jeden Fall noch im Hellen enden würde.

Was danach kam, kann man nur als Hammererlebnis bezeichnen. Ich hatte das Vorhaben auf Strava und Facebook kundgetan. Über den Tag kamen etliche Freunde vorbei und teilweise auch Leute, die ich zwar virtuell vom Strava kannte, aber noch nie gesehen hatte. Das ging den ganzen Tag über und alle kamen nacheinander, so dass man es nicht besser hätte planen können. Meine Familie bezog über den Tag am Verpflegungsfahrzeug Quartier und unterstützte mich, wie bei allen meinen Rad-Spinnereien, toll.

Was ich nicht unbedingt gebraucht hätte war der Wind, der ab dem späten Vormittag sehr kräftig bergauf blies, bei den Abfahrten deutlichen Widerstand bot und im gleichen Maß zunahm, wie die Kräfte langsam nachließen. Trotz alledem konnte ich über die gesamte Zeit eine sehr gute Einstellung zum Berg, den Wiederholungen, dem Gegenwind und den aufkommenden Schmerzen an der einen oder anderen Stelle finden, so dass selbst die letzten 20 % (im konkreten Fall die letzten 10 bis 15 Aufstiege) recht gut liefen und ich eigentlich nur aufhörte, weil die maximal vorgenommenen 61 Auf- und Abfahrten erreicht waren. Der Garmin zeigte 450 km an, aufgrund der Wetter- und damit verbundenen Luftdruckveränderungen war die Höhenmeteranzeige jedoch deutlich zu niedrig bei knapp unter 9000. Aber nach allen meinen Berechnungen müssten die 10.000 Höhenmeter problemlos geschafft sein, rein rechnerisch hätten es 10.675 ergeben müssen.

Zurück zu Hause beim Hochladen der Aktion auf Strava wurden dann jedoch nur 9650 Höhenmeter angezeigt. Dass die Segmente eine gewisse Ungenauigkeit bei den Höhenmetern haben wusste ich, war aber fest davon ausgegangen, dass ich ausreichend Puffer hatte. Schließlich fand das Ganze aber noch ein gutes Ende. Ich hatte beim Hochladen der Aktivität auf das Everesting Portal sowohl mein Segment als auch ein ähnliches Segment über die Strecke, das bereits bestand und 167 hm auswies, hochgeladen und um Prüfung gebeten. Tatsächlich wurde dem stattgegeben und so ist mein zweites Everesting mit 450 km und 10187 Höhenmetern in der Hall of Fame verewigt.“