04.12.2017

Sabine Loacker im Interview


Sabine ist groß – eine Frau, die man nicht so leicht übersieht. Und sie hat Power. Die sympathische Vorarlbergerin mit dem weichen, österreichischen Dialekt hat kein Problem damit, die A-Strecke der Salzkammergut Trophy mit 211 Kilometern und mehr als 7000 Höhenmeter (an einem Tag, wohlgemerkt!) unter die Stollenreifen zu nehmen. Was jedoch am meisten auffällt an ihr, sind ihre Abenteuerlust und ihre Fröhlichkeit. So fuhr sie in der Saison 2017 gemeinsam mit David Gerstmayer unter anderem ein Langstreckenrennen in dessen Heimatland Ungarn. Im Herbst machten sie erstmalig Bekanntschaft mit dem Roc d’Azur in Südfrankreich. Neue Strecken, fremde Menschen, andere Sprachen – kein Problem für Sabine. Sie liebt es, neue Dinge ausprobieren.

So ist bei ihr auch die Fortbildung ein zentrales Thema – neben ihrem Beruf absolviert Sabine ein Masterstudium im Bereich „Supervision/Coaching“, in dem sie zur Zeit intensiv an ihrer Masterthesis arbeitet. So wird sie in Sachen Mountainbiken in der kommenden Saison wohl auch etwas kürzer treten müssen. Wie vielseitig Sabines Interessen sind und was sie sich für das kommende Jahr vorgenommen hat, erfährst du in unserem Interview:

Hallo Sabine! Bitte stelle dich kurz vor.

Ich heiße Sabine Loacker, bin 41 Jahre alt und wohne in der schönsten Region Österreich - Vorarlberg, am Fuße der hohen Kugel und dem hohen Kasten, wunderbare 1.200 hm am Stück.

 

Wer gehört sonst noch zu deiner Familie?

Ich habe eine ältere Schwester, die mit ihrem Mann vor Jahren intensiv auf dem Bike unterwegs war, als ich noch das Reiten priorisiert hatte. Jetzt ist es umgekehrt. Nichte und Neffe interessieren sich mehr für das Eisdielen-Biken, aber wer weiß, was noch kommt. Ich war ja auch Spätstarter mit 34. Besonders mein Papa unterstützt mich als Betreuer bei Rennen und hilft bei allen möglichen handwerklichen Herausforderungen. Mama sorgt für den kritischen Blick auf Gesundheit, Gefahr, Ausgleich. Zu meiner Familie gehören auch David, meine Motivation und Halt; Tom, mein Kater, der mich immer wieder nach Hause holt. Und bis im Sommer meine Stute Baroness, die mich gelehrt hat, Geduld zu üben und Verantwortung zu übernehmen. Dazu noch zwei Schildkröten und eine ganze Menge Fische, die sich freuen, wenn sie in Ruhe gelassen werden.

Besonderer Dank meinen Freunden, insbesondere Christa, Noemi, Nani, Uli, die mich auf Rennen unterstützen und motivieren.

   

Welchen Beruf übst du aus? Was gefällt dir daran?

Ich bin im Finanz-/Controlling-Bereich eines internationalen Baukonzerns tätig. Daneben absolviere ich das Masterstudium „Supervision/Coaching“, wo ich gerade intensiv an der Masterthesis arbeite. Ich liebe Zahlen, merke aber, dass ich mehr und mehr die Interaktion mit Menschen schätze. Kein Problem kann mir groß genug sein, um nicht Lösungen zu finden. Ich freue mich über Erfolg, über Weiterkommen, Weiterentwicklung, bin ehrgeizig und liebe es, wenn mein Plan funktioniert.

Was bedeuten dir Sport im Allgemeinen und das Mountainbiken im Besonderen?

Wer mich kennt, weiß, wann ich am breitesten lache – nein, nicht nur für Sportograf.

Glücklich bin ich, wenn ich in der Natur sein kann, sei dies im Winter auf langen Schitouren, im Sommer auf endlosen Wegen in den Bergen. Sport hält mich gesund. Und was das allerbeste an Sport ist, ich kann viel und gut essen und meine Körperbreite hält sich im Rahmen. *lach*

Auch in meiner Freizeit liebe ich die Herausforderung und den Nervenkitzel. Die Sportart ist mir eigentlich egal, Hauptsache Adrenalin mit kalkulierbarem Risiko – Klettern, Schifahren, Trailrunning, Radfahren und Reiten.

Warum Reiten? Wer meine Baroness kannte, weiß, worin hier die Herausforderung liegt: nicht nur der Nervenkitzel, auf ihrem Rücken zu bleiben, auch die Zusammenarbeit mit einem Wesen mit eigenem Kopf und Charakter (und das hat ein Müsing ja auch manchmal), der Ehrgeiz, zu lernen und das Erlernte zu zeigen, die Geduld, wenn es mal nicht so läuft, wie man gerne hätte. (Wer erkennt bereits die Parallelen zum MTBen?) Und die Konsequenz, ein Tier täglich zu besuchen und zu pflegen, da kann man nicht einfach sagen, ich komme nicht, ich mache nicht ... (was mir heute enorm beim konsequenten Training hilft).

Letztlich ist für mich Sport aber auch Ausgleich, Ruhe, Entschleunigung, Zeit zum Nachdenken und eine Möglichkeit, gesund müde zu werden.

Leider aber hat der Tag nur 24 Stunden, also musste ich mich entscheiden, worauf ich meinen Fokus lege. Um die erwähnten mir wichtigen Eigenschaften und Themen wie Herausforderung, Natur, Gesundheit, Genuss, Spaß, Freiheit, Ehrgeiz, Nervenkitzel, Ausgleich, Zeit (mit Partner), Respekt, Wettkampf, Teamgedanke zu vereinen, habe ich mich die letzten Jahre im Sommer auf das MTBen fokussiert. Biken verbindet sehr vieles, ist aber ein zeitintensiver Ausdauersport. Verzicht und Disziplin werden hier zum Thema. Baroness genoss daneben ihre wohlverdiente Pension, sodass ich bei ihr noch immer Ruhe finden konnte.

Den Wettkampf brauche ich, um mich mit anderen, aber vor allem mit mir selbst zu messen. Wo stehe ich, was kann ich noch verbessern. Außerdem ermöglichen die Rennen, Strecken kennenzulernen, die sonst für das Rad gesperrt wären.

Wer tut, was er/sie liebt, wird gut darin sein. Dies ist meine Grundhaltung.

Gibt es für dich noch etwas anderes als Arbeit und Mountainbiken?

Wie gesagt, ich studiere, was mich ca. 30 % meiner Zeit beschäftigt. Weiterbildung ist in der heutigen Zeit fast schon Grundvoraussetzung für Erfolg und Entwicklung. Hierfür konnte ich meine Beschäftigung auf 80 % reduzieren, anders wäre das nicht gegangen.

Nicht nur essen kann ich gut, ich liebe es auch zu kochen, vor allem Kuchen – blöd, wenn ich selbst mein bester Gast bin. J Daher bringe ich meist das Gebackene einfach zu den Rennen mit, in der Hoffnung, andere für meine meist Low Carb oder gesunden Kuchen zu begeistern.

Auch der Gedanke an ein „neues“ eigenes Pferd lässt mich nicht los. Das wird wiederkommen. Spätestens in der Wettkampfpension.

Noch erwähnen möchte ich meine ehrenamtliche Tätigkeit bei der Kolpingfamilie Götzis, einem ehrenamtlichen Träger eines Hauses, das Menschen in Randzonen ein Obdach bietet. Diese Tätigkeit beschränkt sich nur auf ein paar Stunden, wo ich meinen Papa, Vorstand, unterstütze, dennoch fühle ich, wie die Menschen in unserem Haus dankbar sind, dass sie eine Heimat gefunden haben.

Aber wie gesagt, hätte der Tag mehr als 24 Stunden, ich würde noch immer Ideen finden, meine Zeit nützlich zu verwenden. Ich nutze meine langen Ausfahrten immer wieder, mal durchzudenken, wie ich meine 24 Std. nutze; doch, ich würde sagen, optimal. Es leiden lediglich meine Pflanzen unter Trockenheit und meine Wohnung kennt mich kaum. Tipp: Orchideen passen ihr Trinkverhalten sehr gut an.

Carpe Diem.

Schlaf? Ja klar! Lt. Andrea mindestens 8 Std. – ich runde das kaufmännisch einfach ein bisschen ab. 

Wie schaffst du es, dein Training mit Beruf und Familie bzw. Freunden in Einklang zu bringen?

Es funktioniert – meistens, aber ich merke, dass ich älter werde. Ich suche oft das Gespräch mit meiner Trainerin Andrea oder engen Freunden, um zu re-priorisieren. Es gibt für mich drei Säulen in meinem Leben. Beruf – Ausbildung – Sport. Herausforderung – Weiterentwicklung – Gesundheit.

Meine engen Freunde schütteln zwar manchmal den Kopf, respektieren aber, wenn ich selten, dafür aber intensiv Zeit für sie finde. Es gibt ja eine trainingsfreie Zeit.

Wie viele Stunden pro Woche arbeitest du und wie viele trainierst du?

Ich mache mal die Rechnung umgekehrt: Die Woche hat 168 Std. Ich arbeite ca. 30-40 Std. pro Woche. Der Arbeitsaufwand für mein Studium beträgt ca. 10-20 Std. pro Woche. Da bleibt dann noch ganz viel Zeit für Sport, Essen, Freunde, Schlaf und Nichtstun.

Ich trainiere ca. 15-20 Nettostunden / Woche und nutze dazu bereits meinen Arbeitsweg zum Rad fahren. Intensiver wird es in der Vorbereitung auf die Rennen. Da ich Langstrecke fahre, dehne ich meine Ausfahrten am Wochenende sehr aus. Die Urlaube nutze ich auch, um mir die Ausdauer für die langen Wettkämpfe aufzubauen.

   

Passt du deine Ernährung an deinen Sport an und worauf achtest du?

Natürlich! *zwinkern* … sollte ich und versuche es auch. Leider kann ich aber nur selten den Genüssen widerstehen, die aus dem Backrohr kommen oder von Lindt, Suchard und Konsorten produziert werden.

Zusammenfassend ernähre ich mich aber gesund und richte mich nach den Empfehlungen von Andrea. Sie unterstützt mich bei Ernährungsfragen und Kochideen. Ich stelle gerade wieder in der Trainingspause die Ernährung um. Low Carb und auf-Fette-achten. Wenn ich mein Training wieder starte, wird mein Fokus wieder auf Eiweiß und guten Fette bzw. die richtige Kombination vor, während und nach dem Training liegen. 

Wie sieht ein typischer Tag unter der Woche bei dir aus?

Aufstehen, nachdem der Wecker ca. 5x geklingelt hat, das erste Mal um 5.45 Uhr. Scheint die Sonne, ziehe ich mein Trikot an, packe den Rucksack mit Kleidung für den Tag, trinke einen Kaffee und setze mich aufs Rad zur Arbeit. Eine Stunde später stehe ich in der Dusche und bekomme Hunger. Das Frühstück habe ich mir mitgenommen, meist Joghurt mit Früchten, manchmal auch ein Marmeladebrot. Ich gehe ins Büro, ein zweiter Kaffee und mein Riesenbecher Joghurt vor mir. Mit der Arbeit starte ich gegen 8.30 Uhr. Habe ich mittags Zeit, gehe ich ins Fitnessstudio oder laufen. Nach der Arbeit um ca. 18.00 Uhr setze ich mich aufs Rad und radle heim … heim? Naja, nachdem ich nahe den Bergen wohne, baue ich diese gleich mal ein. Vom Trailvergnügen bis zum Höhenmeter-Sammeln alles dabei.

Zuhause angekommen, lehne ich mich zurück, esse zu Abend, lese oder lerne noch, mache Lifekinetik und gehe schlafen. Das ist mein Rhythmus. Ich freue mich aber auf die Wochenenden, um auszureißen, lange Touren zu unternehme oder mal innezuhalten.

Woran erinnerst du dich in der vergangenen Saison besonders gern?

Da gibt es vieles, allein aber der Gedanke, dass ich mich bewegt habe, gesund bin, lässt mich lächeln. Ich habe neue, interessante Begleiter auf den Trainingsstrecken kennen gelernt, die mir noch unbekannte Strecken Vorarlbergs gezeigt und mich gefordert und motiviert haben.

Ich erlebe meinen Hausberg, die hohe Kugel immer wieder neu und immer wieder staunend und beeindruckt von der Schönheit der Welt. Ich hatte sehr viel Spaß dabei, David, eines unserer Nachwuchstalente bei den großen Rennen zu begleiten und von ihm zu lernen (bspw. Sella Ronda). Wir haben uns gemeinsam ins Ausland gewagt, um Rennen zu fahren (bspw. Ungarn, Frankreich).

Ich habe endlich die Extremstrecke meines Heimatrennens bezwungen (M3). Ich kam beim Ultra Raid de la Meije an meine technischen Grenzen, was mich aber umso mehr für die nächste Saison motiviert. Ich musste mir bei der Christalp eingestehen, dass meine Kräfte am Ende waren und es Zeit war, aufzutanken. Ich habe es dann wieder geschafft, alles bei Roc d’Azur zu geben, dem schönsten Rennen, das ich jemals gefahren bin. Und ich konnte in meinen Wettkampfpausen meine Teamkollegen bei deren Rennen unterstützen und mitfiebern.

Unser toMotion Racing Team hat seine eigene Dynamik, für mich ist es ganz besonders, Teil davon zu sein.

  

Welche Ziele hast du dir für die Saison 2018 gesetzt?

Ich möchte es noch einmal versuchen. Mit einer guten Planung aufgrund der Zeit, die ich für meine Masterthesis aufbringen werde.

Zum einen habe ich noch ein paar Rechnungen offen wie bspw. die Grand Raid Langstrecke zu beenden, oder Ortler Podium, andererseits gibt es noch so viele schöne Rennen und Strecken, die ich noch nicht gefahren bin (4 Islands, World Games Saalbach, 24 h Ligurien) oder nochmal fahren möchte (SKGT – A (ein drittes Mal), Ultra Raid de la Meije, Alpen Tour Trophy) … ich kann mich kaum entscheiden.

Ich weiß aber, dass es mächtig Spaß machen wird und freue mich darauf! Aber jetzt erst mal Pause machen!